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Fantasy Studies – Petra Stump-Linshalm
Geschmack von Whisky und Duft von Rosen
Text: Uwe Bräutigam
Düsseldorf, 28.01.2019 | Die in Wien lebende Petra Stump-Linshalm ist eine renommierte Klarinettistin. 2017 spielte sie im Stadtgarten mit ihrem Mann Heinz-Peter Linshalm ein viel beachtetes Konzert im Rahmen des Multiphonics Festivals. Sie hat mit ihrem Mann zusammen eine ganze Reihe CDs eingespielt mit Werken anderer Komponisten*innen.
Seit einigen Jahren experimentiert sie damit ihre inneren und äußeren Eindrücke in eigene Musik umzusetzen. Nun ist bei Orlando Records eine CD mit ihren Kompositionen erschienen. Die Werke stammen aus einem Zeitraum von 2013 bis 2018.
Zwei Zyklen von Kompositionen mit acht bzw. sieben kürzeren Stücken bilden den Hauptteil der CD, sie bilden Anfang und Schluss des Albums.
Unter dem gälischen Titel Uisge Beatha (Wasser des Lebens, d.h. Whisky) sind acht Stücke für Kontrabassklarinette zusammengefasst. Die Stücke sind von verschiedenen Whisky Sorten und Geschmäckern inspiriert. Aber die Stücke entfalten auch ohne Whisky ihre Schönheit. Die obertonreiche Kontrabassklarinette, hervorragend gespielt von Heinz-Peter Linshalm, führt die Hörer*innen mit ihren tiefen Tönen zu vielen Bildern und Assoziationen. Mit einfachen Motiven beginnend, die einen behagliche Raum mit Kaminfeuer suggerieren können, tauchen dann aus der Tiefe des Raumes rhythmische Muster auf, die an Auf- und Abgehen oder gar an Marschieren erinnern. Nach einem ruhigen Stück mit weichen Klängen, folgen dann laute Ausbrüche und schnelle trippelnde Klappengeräusche. Fabeln von Löwe und Maus kommen in den Sinn und wenn man an Whisky denkt, so würde dieser sicher im Hals kratzen. Auch im nächsten Stück geht es mit unterschwelligem Klappern weiter, gepaart mit laut herausbrechenden Klängen. Eine leicht bedrohliche Stimmung. Es kommen Assoziationen von einer orientalischen Teestube auf, in der Melodiefragmente zu hören sind. Danach geht es über Treppen, herauf und herab, in schnellen Schritten, unerwartete Begegnungen, Schreckmomente. Im letzten Stück wird ein Tape zugespielt und tiefe knarrende Töne, wechseln mit schnellen, schrillen getriebenen Klängen. Ein leiser schwebender Klang lässt Bilder aus dem Unterbewusstsein aufsteigen. Musik die gut zur schwarzen Romantik von E.T.A. Hoffmanns passt.
Einen Kontrast dazu bildet der Titel Zyklus Fantasy Studies. Die sieben Stücke sind nach bestimmten Stimmungen, wie unbeschwert, ruhig, elastisch, friedlich oder auch launisch benannt. Mit Flöten, Klarinetten, Sopransaxophon, Triangel, Cello und Spring Drum wird ein buntes Klangspektrum erschaffen. So sind die Stücke leicht und verspielt. Besonders das vorletzte Stück des Zyklus lässt Bilder einer grünen Wiese mit Blumen, Käfern, Schmetterlingen und Grashüpfern entstehen. Im letzten Stück geht es “launisch“ zu, trillernde Flöten und dunkle Spring Drum Klänge wechseln sich ab.
Zwischen den beiden Hauptblöcken, den dunklen Ecken im Haus und den verspielten sonnigen Wiesen, sind noch vier weitere Kompositionen zu finden.
Wändelesen ist für ein Trio mit Bassklarinette, Altflöte und Cello geschrieben. Inspiriert von Kurzgeschichten der Autorin Sudabeh Mohafez, werden mit filigranen Klängen Geschichten angedeutet. Im Mittelpunkt des letzten Teils steht das Cello, das von Flöte und Bassklarinette umspielt wird. Cinnamon Roses, das jüngste Stück, ist für zwei Klarinetten geschrieben. Schwebende Töne, leicht wie der Duft der Rosen. Hier spielt Petra Stump-Linshalm auch selbst Klarinette. Blanda, für zwei Tenorblockflöten, ist der Name des längsten Flusses in Island. Die Klänge der beiden Flöten fließen miteinander und vermischen sich, wie das Gletscher- und Quellwasser im Fluss. Trotzig ist die älteste Komposition von Petra Stump-Linshalm. Drei Bassklarinetten malen von Kadinsky inspiriert mit Klangfarben ein Gemälde.
Die Kompositionen sind sehr sinnlich und es ist zu spüren, dass sie aus der Imagination gespeist sind. Sie erzeugen lebendige Bilder und Geschichten oder lassen die Zuhörenden einfach in die Vielfalt und Schönheit der Klänge eintauchen. Komplex gestaltet, mit vielen erweiterten Techniken an den Klarinetten, kommen sie doch leichtfüßig daher. Bei wiederholtem Hören lassen sich immer neue Nuancen in den Stücken entdecken. Die Instrumentalisten setzen die Kompositionen auf der CD hervorragend um.
Der Wunsch von Petra Stump-Linshalm, das die Zuhörenden ebensoviel viel Freude an der Musik haben mögen, wie sie selbst beim Komponieren hatte, ist beim Rezensenten in Erfüllung gegangen. Ein großartiges Debüt der in Wien lebenden Komponistin.
Es sei noch erwähnt, dass das Digipack der CD ebenso sorgfältig und liebevoll gestaltet ist, wie die Musik. Die surrealen Goldfisch Fotos von Maria Frodl, passen wunderbar zur Musik von Petra Stump-Linshalm.
Petra Stump-Linshalm – Fantasy Studies
Orlando RecordsOR0033